Endspurt beim Klimagipfel

Globale ErwärmungAnimation des globalen Klimasystems der US-Raumfahrtbehörde NASA.

Bis zur Verabschiedung eines neuen Klimaabkommens müssen auf dem UN-Klimagipfel noch einige Hürden genommen werden.

Nachdem am Vorabend gegen 21 Uhr ein neuer Textentwurf für das neue Klimaabkommen veröffentlicht worden war, hatten die Delegierten bis in den frühen Morgen verhandelt. Die Nacht sei „sehr hart gewesen“, berichtete ein Teilnehmer. „Einige wichtige Länder haben sich hinter ihren roten Linien verschanzt, ohne Kompromissbereitschaft zu zeigen“, ergänzte ein anderer Beobachter. Viel dringt nicht nach draußen. Die Verhandlungen werden hinter geschlossenen Türen abgehalten und die UN-Security achtet inzwischen sehr genau darauf, dass man diesen Türen nicht zu nah kommt.

Ab 2020 soll der neue Klimavertrag das auslaufende Kioto-Protokoll ersetzen. Angestrebt wird, dass mit dem neuen Abkommen dann alle Staaten den Kampf gegen die Erderwärmung aufnehmen werden. Dazu wird nun erstmals eine Begrenzung der Erderwärmung festgeschrieben. Im Vergleich zur vorindustriellen Zeit soll der Anstieg der durchschnittlichen Temperatur der Erdatmosphäre „deutlich unter“ 2°C begrenzt werden. Zudem soll versucht werden, die Erderwärmung bereits bei 1,5°C zu stoppen. Mit dieser Formulierung wurde ein möglicher Kompromiss gefunden, mit dem sich die Staaten weiter annähren können. Bisher waren die beiden Zielwerte in den vorherigen Vertragsentwürfen als Optionen gehandelt und entsprechend scharf diskutiert worden. Mit dieser Formulierung können sich auch die bedrohten kleinen Inselstaaten anfreunden. „Ich kann damit nach Hause fahren und meinem Volk sagen: Unsere Chance aufs Überleben ist nicht verloren“, kommentierte Tony de Brum, Außenminister der Marshall-Inseln, den neuen Vertragsentwurf.

Neues Zauberwort „Emissionsneutralität“

Der Höhepunkt beim weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen muss deshalb möglichst bald erreicht werden. Danach müssen die Emissionen deutlich sinken. Auf dem Klimagipfel wurden dazu die Begriffe Dekarbonisierung und Klimaneutralität kontrovers diskutiert. Während die Dekarbonisierung sehr verbindlich wäre, bleiben den Staaten beim Begriff der Klimaneutralität mehr Interpretations- und damit Handlungsfreiräume.

In der neuen Vertragsversion haben die Diplomaten nun den Begriff Emissionsneutralität als Kompromiss gefunden. „Die neue Begrifflichkeit ändert aber nichts an der Grundausrichtung, dass wir uns gerade in den Industrieländern schnell von Kohle, Öl und Gas verabschieden müssen, wenn der Vertrag zugleich das 1,5-Grad-Limit globaler Erwärmung als angestrebte Zielmarke vorgibt“, kommentierte Regine Günther, Generaldirektorin Politik und Klima des WWF Deutschland.

Endspurt im Verhandlungsprozess

Laut dem neuen Vertragsentwurf sollen die Klimaschutzpläne der Staaten ab 2019 regelmäßig überprüft und angepasst werden. Einige Länder hatten in den Verhandlungen auf einen deutlich späteren Start dieser Prüfmechanismen plädiert. Bei der Klimafinanzierung wurden die Industriestaaten in die Pflicht genommen, die Basis-Finanzierung des Green Climate Funds zu sichern. Sie sollen ab 2020 jährlich 100 Mrd. US-Dollar aufbringen. Darüberhinausgehende Gelder, die ab 2020 bereitgestellt werden sollen, werden die Industriestaaten die Führung übernehmen als Teil einer gemeinsamen Anstrengung aller Länder. Damit werden nun auch aufstrebende Schwellenländer in die Klimafinanzierung eingebunden, die Hauptverantwortung bleibt aber bei den klassischen Industrienationen. Bei der Entwicklungsorganisation Oxfam sieht man die Entwicklungsländer und die vom Klimawandel besonders gefährdeten Staaten deshalb als „große Gewinner“ des neuen Vertragstextes. Der neue Textentwurf gebe nun die Bestätigung, „dass für die Zeit nach 2020 quantitative Finanzierungsziele für Klimaschutz und Klimaanpassung nötig sind“, kommentierte Helen Szoke, Direktorin der australischen Sektion von Oxfam.