Klimaschutzplan ist verabschiedet

Industrieanlage mit Emissionen im Abendlicht

Nach monatelangem Ringen hat sich die Bundesregierung auf eine endgültige Version des nationalen Klimaschutzplans geeinigt.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks wird am 14. November nicht mit leeren Händen zum UN-Klimagipfel ins marokkanische Marrakesch reisen müssen, obwohl es lange so ausgesehen hatte. Wie ein Regierungssprecher bestätigte, haben Ministerien und Parteien am 11. November eine Einigung beim nationalen Klimaschutzplatz erzielt. Ziel des Papiers ist es, die Emissionen einzudämmen und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Der Klimaschutzplan 2050 soll nun als Deutschlands Beitrag zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens plangemäß auf der UN-Klimakonferenz vorgestellt werden. Nach Angaben des Regierungssprechers sende Deutschland mit dem Klimaschutzplan 2050 „ein starkes Signal“ an die internationale Staatengemeinschaft.

Industrie und Gesellschaft soll mit dem Klimaschutzplan 2050 ein Weg zur fast vollständigen Dekarbonsierung aufzeigen. Als Ergebnis des Pariser Klimagipfels Mitte Dezember 2015 war der weitestmögliche Verzicht von Treibhausgas-Emissionen als Basis für die Bekämpfung der Erderwärmung und des Klimawandels von den Vereinten Nationen beschlossen worden. In einem ersten Schritt soll die Industrie nun bis 2030 ihren Treibhausgas-Ausstoß um ein Fünftel reduzieren. Entgegen früheren Entwürfen fordert der deutsche Klimaschutzplan jetzt keinen Mindestpreis für Emissionsrechte im EU-Emissionshandel (EU-ETS) mehr ein. Dies sollte den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase verteuern und das Emissionshandelssystem in der EU, das als zentrales klimapolitische Instrument in Europa gilt, zu neuem Leben erwecken. Stattdessen will sich die Bundesregierung nun auf EU-Ebene für mehr Effizienz im EU-ETS einsetzen.

Oberstes Ziel bleibe dennoch, bis 2050 auf insgesamt 80 bis 95 % der Emissionen, ausgehend vom Basisjahr 1990, zu verzichten. Zudem will die Bundesregierung die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Folgen des Klimaschutzplans regelmäßig abschätzen und bewerten. Bereits 2018 sollen die Ziele überarbeitet werden. In dem Jahr muss auch auf UN-Ebene bewertet werden, inwieweit die angekündigten Maßnahmen der Staaten ausreichen, um einen gefährlichen Klimawandel noch abzuwenden.

Innerhalb der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen hatte es bis zuletzt immer wieder Differenzen um die Ausgestaltung der künftigen deutschen Klimapolitik gegeben. Der Klimaschutzplan 2050 war deshalb heftig diskutiert und verändert worden. Vor allem die beiden CSU-geführten Ministerien für Verkehr und Landwirtschaft sowie der wirtschaftspolitische Flügel der CDU-Fraktion hatten Bedenken gegen den Klimaschutzplan angemeldet. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte bis zuletzt sein Veto eingelegt. Er sah durch den erforderlichen Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung Arbeitsplätze in Gefahr.

Sektorziele und Regionalfonds

Nun zeigt sich Gabriel erfreut, dass eine Einigung beim Klimaschutzplan erreicht worden ist. Allerdings räumt er Industrie und Energiewirtschaft deutliche Zugeständnisse ein. „Es hat sich gelohnt, in den letzten Tagen noch einmal intensiv zusammenzuarbeiten, um eine klare Ausrichtung für die Energie- und Klima-, aber auch für die Industriepolitik festzulegen“, betonte Gabriel. „Nur wenn wir Klimaschutz mit dem Erhalt der industriellen Arbeitsplätze auch in der energieintensiven Industrie verbinden, werden uns andere Länder in unserer sehr ambitionierten Klimaschutzpolitik folgen“, so der Wirtschaftsminister. Es sei ein Regionalfonds beschlossen worden, mit dem neue Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den Regionen des Strukturwandels geschaffen werden sollen.

„Wir müssen für die vom Rückgang der Kohleverstromung betroffenen Regionen realistische und greifbare Perspektiven schaffen, bevor wir konkrete Schritte zur Verringerung der Kohleverstromung einleiten“, erläuterte Gabriel. Er wolle die Menschen dort nicht alleine lassen.

Sektorziele für Industrie und Energiewirtschaft abgesenkt

Bei den Sektorzielen für Energie und Industrie hat sich die Bundesregierung nun auf aus ihrer Sicht vertretbare Korridore der CO2-Reduzierung geeinigt. Diese sind im Vergleich zu früheren Entwürfen weiter abgeschwächt worden. So soll die Energiewirtschaft ihre Emissionen bis 2030 um 61 bis 62 % auf 175 bis 183 Mio. t pro Jahr absenken. Frühere Entwürfe des Klimaschutzplans hatten einen Zielkorridor von 170 bis 180 Mio. t oder 61 bis 64 % angepeilt.

Auch die Industrie muss bis 2030 offenbar weniger CO2 einsparen. Die Einsparung wurde hier auf 51 bis 49 % festgelegt. Dies entspricht einer Emissionsgrenze von 140 bis 143 Mio. t pro Jahr. In früheren Entwürfen war eine Emissionsobergrenze von 120 bis 125 Mio. t pro Jahr im industriellen Sektor vorgesehen.

Entsprechend kritisch äußerte sich auch die Opposition im Bundestag. Die klimapolitische Sprecherin der Grünen, Annalena Baerbock sagte: „Der Klimaschutzplan 2050 ist ein enttäuschender inhaltsleerer Korpus“. Der Plan werde dem Auftrag des Pariser Klimaabkommens nicht gerecht, die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. Zwar würden die bestehenden Probleme benannt, aber fast keine Lösungen oder konkrete Maßnahmen angeboten, kritisiert die Grünen-Politikerin. „Damit sendet der Plan kein Signal für die ökologische Modernisierung unserer Gesellschaft“, so Baerbock.