Wirtschaftsverbände und die Bundestagsfraktionen von CDU und FDP haben sich für eine schnelle Verabschiedung des CCS-Gesetzes im Bundestag noch vor der Bundestagswahl ausgesprochen. Umweltverbände und Bürgerinitiativen laufen dagegen Sturm gegen die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid.
Für Wirtschaftsvertreter ist die Sache klar: Ohne den breiten Einsatz von CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (CCU/S – Carbon Capture, Utilisation and Storage) sind die Pariser Klimaziele und Klimaneutralität nicht zu erreichen. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) hat jetzt die Ergebnisse einer Studie der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft vorgelegt, wonach selbst bei einer vollständig CO2-neutralen Energieversorgung CO2-Emissionen etwa in der Kalk- und Zementindustrie sowie in der Abfallwirtschaft unvermeidbar sind. Deshalb sei es notwendig, „das CO2 an den Anlagen abzuscheiden und eine Infrastruktur für Transport, Speicherung und Weiterverwendung zu schaffen“, so vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Deutschland, die EU und Bayern bräuchten einen Fahrplan für Strom-, Wasserstoff- und CO2-Pipelines, angepasste Regeln und Anreize für die Abscheidung, Wiederverwendung und Speicherung von Kohlendioxid.
Dagegen wehrt sich die Umweltorganisation Greenpeace. Gemeinsam mit rund 70 weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren hat die Umweltorganisation einen offenen Brief an die Mitglieder von Bundestag und Bundesrat geschrieben. Die Organisationen und Bürgerinitiativen, die nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, Polen, den USA, Ghana und Kanada kommen, fordern die deutschen Parlamentarier auf, der anstehenden Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes nicht zuzustimmen. Die Gesetzesnovelle würde den Weg für die CO2-Abscheidung und -Speicherung und den milliardenschweren Ausstieg aus der fossilen Energienutzung ebnen.
In ihrer gemeinsamen Erklärung plädieren die Unterzeichner für einen raschen Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Erdgas, Kohle und Erdöl. Die Meeresschutzvereinbarungen des London-Protokolls und des Hohe-See-Einbringungsgesetzes dürften im Zusammenhang mit CCS nicht aufgeweicht werden, so die Forderung. Stattdessen sollten alle Anstrengungen auf Energieeinsparung, Energieeffizienz und den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien auf 100 Prozent umgelenkt werden. Wie sie mit den unvermeidbaren prozessbedingten Emissionen umgehen wollen, lassen die Initiatoren des Offenen Briefes allerdings offen.
„Der sozial-ökologische Umbau der Industrie muss Vorrang vor CO2-Endlagern haben. Die von der Industrie inszenierte CCS-Debatte ist ein klimapolitischer Irrweg, der die notwendigen Schritte für einen echten Wandel verhindert“, sagt Karsten Smid, Klima- und Energieexperte von Greenpeace. (kec)
Weitere Informationen:
VBW-Studie „Analyse CO2-Infrastrukturbedarf in Bayern“
Offener Brief von Greenpeace und dem Aktionsbündnis gegen CCS