Klimaverhandlungen auf der Zielgeraden

Eingang zum COP21-Konferenzgelände in Le BourgetIn Paris Le Bourget tagt der 21. UN-Klimagipfel. Ziel ist ein neues Abkommen für das 2020 auslaufende Kioto-Protokoll. Foto: Kai Eckert

Nach fast zweiwöchigen Verhandlungen soll der UN-Klimagipfel heute in Paris mit einem neuen verbindlichen Klimavertrag zu Ende gehen.

Journalisten warten im Konferenzzentrum

Journalisten warten auf neue Ergebnisse, während abgeschirmt von der Öffentlichkeit letzte Absprachen getroffen werden.
Bild: Kai Eckert

Am Vormittag zeigten sich mit den Verhandlungen betraute Delegierte zuversichtlich, dass ein neuer Klimavertrag beschlossen werden kann. Dennoch ist noch einige Überzeugungsarbeit nötig. Im Minutentakt verließen am Samstagvormittag Delegationen die Meetingräume des UN-Klimasekretariats, kamen neue Grüppchen zu Gesprächen in den von der Öffentlichkeit abgeschirmten Bereich des Konferenzzentrums. Die Klimadiplomaten arbeiteten an letzten Details. Als Frankreichs Staatspräsident François Hollande in Le Bourget eintraf, um gemeinsam mit Konferenzleiter Laurent Fabius und UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon den Delegationen das Paris Agreement vorzustellen, lag die Textfassung noch beim Übersetzer. Und so musste Frankreichs Außenminister Fabius ohne fertiges Abschlussdokument vor die Delegierten im Plenarsaal La Seine treten. Ein historischer Moment, den kein Teilnehmer versäumen wollte. Fabius‘ Rede wurde deshalb zeitgleich in vier weitere Tagungssäle und über das Konferenz-Fernsehen CCTV übertragen. Der Platz reichte im großen Plenarsaal nicht mehr aus.

Klimaverhandlungen mit bestmöglichem Kompromiss

„Dieser Text ist der bestmögliche Kompromiss für alle Seiten“, sagte Fabius. Er sei ehrgeizig, ausgewogen und rechtlich bindend, unterstrich ein sichtlich bewegter Konferenzvorsitzender. Der Text enthalte wichtige Fortschritte, die viele vorher kaum für möglich gehalten hatten, betonte Fabius und stellte im Anschluss die einzelnen Punkte des Vertrages vor. Die durchschnittliche Erderwärmung soll auf deutlich weniger als 2 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden. Anzustreben ist, sogar unter der 1,5-Grad-Marke zu bleiben. Um dieses Langfristziel zu erreichen, muss der Höhepunkt der CO2-Emissionen so schnell wie möglich erreicht werden. Dazu werden die Vertragsstaaten selbstgesetzte nationale Klimaschutzpläne, die so genannten INDCs aufstellen und diese ab 2018 alle fünf Jahre überprüfen und anpassen. Sie ersetzen künftig die im Kioto-Protokoll festgelegten Verpflichtungen zur Emissionsreduktion und gehen darüber hinaus. In den INDCs werden Maßnahmen zur Bekämpfung der Erderwärmung und zur Adaption eingefordert. Das Paris Agreement sichert den besonders bedrohten Ländern Unterstützung im Fall klimabedingter Schäden zu. Ab 2020 werden jährlich 100 Mrd. US-Dollar über den Green Climate Funds für die Anpassung an den Klimawandel und die Transformation der Energieversorgung in armen Ländern zur Verfügung gestellt. Für die Folgejahre sei eine weitere Steigerung dieser Finanzmittel vorgesehen, erklärte Fabius.

Klimavertrag wird erstmals Schäden und Verluste anerkennen

Ein eigener Abschnitt des Paris Agreements beschäftigt sich mit dem Themenkomplex „Loss and Damage“. Erstmals erkennen die Staaten damit die Bedeutung von Schäden und Verlusten, die durch den Klimawandel entstehen, an. Rechtliche Ansprüche auf einen Schadenersatz gibt es aber nicht.
Mit der Festlegung auf eine verbindliche Begrenzung der Erderwärmung ist klar, dass die Staatengemeinschaft bis zum Ende dieses Jahrhunderts aus den fossilen Energien aussteigen muss. Anders wäre das Ziel nach Einschätzung von Klimaforschern nicht mehr zu erreichen. Hier hatten die Delegationen lange um die Begriffe Dekarbonisierung und Klimaneutralität gerungen und nun mit der Emissionsneutralität einen guten Kompromiss gefunden. Sie umfasst nicht nur die kohlenstoffbasierten Treibhausgase, sondern alle klimarelevanten Gase, deren Ausstoß auszugleichen ist. Keine Angaben macht der neue Klimavertrag hingegen zu den Emissionen im Luft- und Schiffsverkehrs. In einem früheren Entwurf waren diese beiden Sektoren noch explizit erwähnt worden. Der Treibhausgas-Ausstoß steigt in den genannten Branchen überproportional gegenüber der Gesamtwirtschaft an.

Für den Nachmittag wird nun die Übersetzung des neuen Klimavertrages in die sechs UN-Sprachen erwartet. Danach soll gegen 17:30 Uhr im Plenum über den neuen Vertrag abgestimmt werden.