Verhandlungsmarathon vor dem Höhepunkt

Eingang zum COP21-Konferenzgelände in Le BourgetIn Paris Le Bourget tagt der 21. UN-Klimagipfel. Ziel ist ein neues Abkommen für das 2020 auslaufende Kioto-Protokoll. Foto: Kai Eckert

Auf dem UN-Klimagipfel haben die Delegationen nach einer dramatischen Nachtsitzung bis in der Früh um ein neues Klimaabkommen gerungen. Im Tagesverlauf wird in Paris erneut ein überarbeiteter Text erwartet.

Wenn die Umweltgruppen das Podium übernehmen und sich mit Appellen an die Öffentlichkeit wenden, dann haben sich die Delegierten zurückgezogen. Hinter verschlossenen Türen verhandeln die 195 Staaten über das neue Klimaabkommen. Mit der High Ambition Group hat sich eine Mehrheit formiert, die in den Verhandlungen ein ambitioniertes Klimaabkommen durchboxen will. Das Mehrheitsprinzip funktioniert bei den UN-Klimaverhandlungen aber nicht. Am Ende müssen alle Staaten überzeugt werden und zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen. Derzeit blockieren noch die großen Schwellenländer den Weg, um mehr Verantwortung im Klimaschutz zu übernehmen. China und Malaysia haben sich als Sprecher dieser Gruppe positioniert. Auch Saudi-Arabien hält an alten Verhandlungsmustern fest. Das Land versperrt sich massiv einer Einigung auf ein festes Temperaturziel. Schließlich würde dieses ein Signal sein, um aus den fossilen Energien auszusteigen. Saudi-Arabien und andere Ölförder-Staaten würden dann ihr Geschäftsmodell verlieren.

Samantha Smith Leader WWF Global Climate and Energy Initiative, auf einer Pressekonferenz auf dem UN-Klimagipfel (COP21) am 10.12.2015 in Le Bourget/Paris

Samantha Smith vom WWF fordert mehr Substanz für den Vertragstext.
Bild: Kai Eckert

„Wir brauchen viel mehr als ein festes Temperaturziel“, meint Samantha Smith, Leiterin der Global Climate and Energy Initiative von WWF. Sie wünscht sich von der High Ambition Group deutliche Signale, wie ein solches Ziel umgesetzt werden kann. „Was fehlt sind Antworten auf die Fragen der Klimafinanzierung, zur CO2-Reduktion, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Menschenrechte“, so Smith auf einer Pressekonferenz des Klimaschutzbündnisses CAN International.

Erhöhung der Klimaziele erforderlich

„Das Pariser Ergebnis wird nur dann einen Weg aufzeigen, wie die Erwärmung auf unter 2 oder gar 1,5 Grad gehalten wird, wenn die unzureichenden Klimaziele der Staaten noch vor 2020 erhöht werden“, ist auch Christoph Bals überzeugt. Für den politischen Geschäftsführer von Germanwatch werde sich in den nächsten Stunden entscheiden, ob die Regierungschefs bereit seien, den großen Ankündigungen vom Beginn des Gipfels die notwendigen Mandatserweiterungen folgen zu lassen. Er rief die EU-Staaten dazu auf, jetzt ihr Klimaziel für 2020 auf eine CO2-Reduktion von 25 % anzuheben. Bis 2018 sollte dann ein höheres Ziel als die bislang angekündigten Minus 40-% für 2030 verhandelt werden. Die EU fällt seiner Meinung nach jetzt das Versagen ihrer Klimapolitik vor die Füße. Mit ihrem international zugesagten Ziel von 20 % CO2-Reduktion bis 2020 sei die EU nicht auf einem Pfad, um das Zwei-Grad-Limit einzuhalten. Diese Schwäche nutzen die Schwellenländer in den Verhandlungen nun knallhart aus. Sie argumentieren in aller Deutlichkeit gegen eine Neuverteilung der Verantwortung in der Welt. „Wir müssen hin zu einer dynamischen Interpretation der ‚differenzierten und gemeinsamen Verantwortung‘, weg von den in vielerlei Hinsicht überholten Schubladen von ‚Entwicklungs- und Industrieländern‘“, sagt Bals. Gegenwärtig argumentiere die Gruppe um China und Malaysia, dass die Industriestaaten ihre in Cancun zugesagten Aktivitäten bis 2020 nicht erfüllen werden. Deshalb könnten diese nun auch nicht die Schwellenländer für die Zeit nach 2020 in die Pflicht nehmen wollen. Eine anhaltende schematische Zweiteilung bei den Klimazielen, bei den Transparenzpflichten und bei der Klimafinanzierung bringe die Verhandlungen aber nicht weiter, so Bals.