Saul gegen den Energieriesen RWE

Oberhalb von Huarez steigen die Gebirgsseen aufgrund der Gletscherschmelze an.

Erstmals ist mit RWE ein Unternehmen in Europa als Verursacher des Klimawandels von einem von den Risiken der Klimaänderungen Betroffenem verklagt worden.

Der Peruaner Saul Luciano Lliuya lebt ein einfaches und ein naturverbundes Leben am Rande der Anden. Mit Unterstützung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch klagt der Bergbauer nun vor dem Essener Landgericht gegen den deutschen Energiekonzern RWE. Der deutsche Energieriese mit Hauptsitz in Essen gilt als größter CO2-Emittent in Europa. Aus Sicht der Kläger ist der Energiekonzern deshalb mitverantwortlich für das Abschmelzen der Gletscher in den Anden und somit auch für die dadurch entstehenden Gefahren. Aufgrund der Gletscherschmelze wachsen in der Heimat von Saul Luciano Lliuya oberhalb der Ortschaft Huaraz die Gebirgsseen an. Zwar versuchen die Menschen vor Ort das Wasser über Rohre abzuleiten, aber diese Maßnahmen reichen nicht aus. Laut geologischen Studien droht der 120 000 Einwohner zählenden Stadt Huaraz eine 30 m hohe Flutwelle, wenn die Gebirgsseen überlaufen. RWE soll nun 20 000 Euro zahlen und sich anteilig an den Kosten für einen Schutzwall beteiligen, den die Menschen vor Ort errichten wollen.


„Dies ist ein Präzedenzfall. Die RWE AG setzt durch den Betrieb insbesondere von Kohlekraftwerken Emissionen frei, durch die die Temperaturen weltweit steigen, Gletscher schmelzen und das Eigentum meines Mandanten akut gefährdet wird“, erklärt Dr. Rda Verheyen. Die Anwältin der Hamburger Kanzlei Günther vertritt die Interessen von Saul Luciano Lliuya vor Gericht. In Essener Gericht soll nun die Verantwortlichkeit von RWE festgestellt werden und der Energiekonzern für Maßnahmen zur Beseitigung dieser Gefahren herangezogen werden. Eine außergerichtliche Einigung war im Frühjahr gescheitert, weil RWE die Ansprüche nicht anerkennen wollte. Die Klage sei nun der nächste Schritt, erläutert Verheyen.
Bei RWE selbst sieht man dagegen für das Verfahren keine rechtliche Grundlage. Und tatsächlich ist bislang kein Verfahren bekannt, in dem ein Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen für die Auswirkungen des Klimawandels verantwortlich gemacht wurde. 2013 scheiterte beispielsweise die Ortschaft Kivalina in Alaska vor dem Supreme Court, dem obersten Gericht der USA, mit einer Klage gegen den Ölkonzern Exxon Mobil.